Impfen bringt nichts!

"Impfen - das bringt nichts"

Impfkritiker lassen nicht mit sich reden, sagen viele angesichts der Diskussion um aktuelle Masern-Fälle. "Freie Presse" hat es versucht. Eindrücke von einem Chemnitzer Stammtisch, dem lokalen Impfsymposium und ratlosen Ärzten.


Ein Mittwochmorgen, ein Kindercafé in der Innenstadt. Frau Sonnenberg* setzt ihren Sohn auf den Boden und rührt noch einmal ihren Kaffee um. Dann legt sie los: "Seit es die Impfungen gibt, sind die sogenannten Volkskrankheiten viel häufiger geworden, ebenso wie chronische Krankheiten." Die Runde, die sich hier versammelt hat, ist Teil des impfkritischen Stammtischs Chemnitz. Und die "Freie Presse" darf mitschreiben. Gegenüber von Frau Sonnenberg sitzt Frau Rudel*. Sie sagt, dass Impfen Körperverletzung sei. Auf den Einwand, dass jede Immunisierung mit der Einwilligung der Eltern geschehe, meldet sich Frau Heier* zu Wort: "Wir haben ja nichts dagegen, wenn Eltern meinen, das tun zu müssen. Nur haben wir uns eben informiert."


Von allen Versammelten ist Frau Heier wohl diejenige, die sich die längste Zeit informiert hat. Bücher wie "Impfen: Pro und Contra" des Münchner Arztes Martin Hirte, sind ihre wichtigsten Quellen. "Heute bin ich auf dem Stand: Impfen, das ist komplett nutzlos", sagt die Mutter von zwei Kindern. Und selbst wenn dem nicht so wäre, werde die Impfung an der völlig falschen Stelle gegeben. "Sie wird meistens in einen Muskel gespritzt - dabei arbeitet die Immunabwehr des Körpers hauptsächlich im Verdauungssystem." Außerdem würden Krankheiten häufiger auftreten, je höher die Impfquoten sind, ergänzt Frau Sonnenberg. "Durch die Impfungen werden die Menschen ansteckend!"


Am Tischende sitzt Frau Karl*. Sie wartet auf ihr erstes Kind, hat noch knapp sechs Monate vor sich. "In der Familie habe ich es aufgegeben, jemanden zu überzeugen." Bei den Arbeitskollegen gebe es jene, die ihre Meinung teilen und jene, bei denen sie ein Gespräch zu vermeiden sucht. Auch Frau Alter* findet wenig Unterstützung in ihrer Impfkritik: "Bis auf meine Mutter kriege ich in der Familie nur Gegenwind." Oft werde den Impfgegnern gar nicht richtig zugehört, sagt sie. Frau Alter ist auch davon überzeugt, dass die Gefäßkrankheit in ihrem rechten Auge eine Folge der Impfungen im Kindesalter ist. Frau Heier führt an, dass sie nach den Impfungen als erste in ihrer Familie eine Brille tragen musste. "Und ich habe heute eine Katzenhaar-Allergie, obwohl wir früher sogar eine Katze im Haus hatten", klagt Frau Rudel. Und doch hat keine der Frauen sich beim Gesundheitsamt gemeldet. "Dort hätte man mir sowieso nichts geglaubt", sagt Frau Alter. Sie vertraue längst auf ihr Bauchgefühl statt den Empfehlungen der Impfkommission.


Die Mediziner, denen die Mütter vom Stammtisch vertrauen, haben allesamt "Zusatzqualifikationen" - etwa Homöopathie. So auch Karla Uhlig. Die Ausbildung auf homöopathischem Gebiet habe sie dazu gebracht, Impfungen kritisch zu betrachten, sagt die Chemnitzer Kinderärztin, die seitdem Eltern in der Beratung auf einschlägige Internetseiten verweist.

Zurück zu Frau Heier: Vieles, Borreliose etwa, könne die Schulmedizin im Gegensatz zur Naturheilkunde nicht behandeln. "Die Schulmedizin behandelt sehr symptomatisch. Bei der Homöopathie dagegen wird das Ganze gesehen, also auch die Seele", ergänzt Frau Sonnenberg. Auch Methoden wie das Fiebersenken sind in der Gruppe umstritten. "Wenn man ein Kind mal eine Nacht mit 40 Grad fiebern lässt, sind die Symptome am nächsten Tag oft wie weggeblasen", sagt Frau Heier.

Ortswechsel. Dass die Mütter des Stammtischs nicht allein sind, zeigte sich vor einigen Tagen beim neunten Chemnitzer Impfsymposium. Mehr als 200 Mütter und Väter hörten dabei Vorträge, die unter das Thema "Impfschutz, Traum oder Wirklichkeit" gestellt wurden.


Der erste Dozent war Rolf Kron, ein praktischer Arzt ohne Kassenzulassung. "Die Chance, einen Impfschaden zu kriegen, ist fifty-fifty", so Kron. Und weiter: "Masern können Neurodermitis heilen." Zweiter war Wolfgang Wodarg von Transparency International, gefolgt von Jürgen Fridrich mit "Hilfen für eine freie Impfentscheidung". Und auch die Moderatorin und Homöopathin Angela Söldner brachte sich ein: "Wir müssen wieder lernen, krank zu sein und das dann liebevoll begleiten."


In der Fragestunde zum Ende der Veranstaltung wurden Probleme der Zuhörer deutlich. So berichtete eine Mutter von einem Hundebiss bei ihrem Kind: "Wir sind ins Krankenhaus gefahren und dort sollte direkt gegen Tetanus geimpft werden, was wir natürlich abgelehnt haben." Ob Ärzte in Notfällen Zwang anwenden dürften?"Nun, sie hatten vor allem Glück, dass ihre Entscheidung akzeptiert wurde", antwortete ihr Jürgen Fridrich. Man müsse in Notfällen stets Argumente parat haben.


Als Nächster erkundigte sich ein junger Mann nach dem Sinn des Ausleitens von Impfungen. Dabei, so die Überzeugung in den entsprechenden Kreisen, kann das "Gift" der Impfstoffe wieder aus dem Körper entfernt werden. Die Antwort in diesem Fall lieferte Rolf Kron: "Ich denke nicht, dass das etwas bringt, wenn sie den ganzen Tag viel mehr Gift bei McDonalds aufnehmen."


Auch eine andere Fragestellerin äußerte ihr Vertrauen auf Mittel der Homöopathie. Sie sei aber nicht sicher, wann sie die denn fiebersenkende verabreichen solle. Rolf Kron dazu: "Ich habe auch Kinder in Behandlung, die mit 41,5 und einem hochroten Kopf noch vergnügt spielen. Da mache ich dann nichts."


Und was ist mit der Impfpflicht? Man stelle sich vor, es gebe das Gesetz und niemand gehe hin, hieß es vom Podium darauf. Die Essenz der Veranstaltung fasste wohl Rolf Kron am besten zusammen: "Ich denke schon, dass auch Angst ein Effekt des Symposiums ist - weil wir die Dinge eben beim Namen nennen."

*Namen von der Redaktion geändert