Angestrahlt von allen Seiten

Von allen Seiten angestrahlt

01.07.2015 10:15

In Kreuzlingen und Umgebung gibt es über 60 Mobilfunkanlagen (GSM, UMTS, LTE) mit unterschiedlich hohen Sendeleistungen und vielen Kilometern Reichweite. Jetzt hat Salt Mobile SA das Baugesuch für eine neue Mobilfunkantenne im «Grünen Hof» eingegeben.

Unsere Grenzlage führt dazu, dass derzeit insgesamt 21 Mobilfunknetzwerke von sieben Anbietern verfügbar sind. Dazu kommen noch die Netze von Bahn und Behörden in beiden Ländern. Strahlen kennen bekanntlich keine Grenzen.

Sammeleinsprache

Stefan Zbornik vom Verein Strahlungsfrei.ch wurde von betroffenen Anwohnern im «Grünen Hof» über das Baugesuch von Salt Mobile SA informiert und um Hilfe für eine Sammeleinsprache gebeten: «Während der Ferienzeit spriessen Mobilfunkmasten bekanntlich gehäuft aus dem Boden, so auch in Kreuzlingen. Die geplante Mobilfunkanlage soll auf dem Mehrfamilienhaus im dicht bebauten «Grünen Hof» zu stehen kommen.» Entsprechende Listen seien bereits im Umlauf. In der Medienmitteilung vom Verein Strahlungsfrei.ch heisst es: «Aus den Unterlagen der Mobilfunkanlage geht hervor, dass sie in erster Linie für die Versorgung der Hauptverkehrsachsen konzipiert ist. Es geht darum, den Grenzverkehr in einer sogenannten Roamingschlacht mit anderen Mobilfunkbetreibern, möglichst im eigenen Netz zu fangen. Die Wohnbevölkerung im Quartier wird dabei rücksichtslos aus kürzester Distanz bestrahlt, obwohl man dort bekanntlich schon überall gute Handy-Verbindungen und WLAN-Netze hat.» 


Stefan Zbornik wirft dem Stadtrat die Versäumnis vor, das schon vor längerer Zeit begonnene Antennenreglement nicht fertiggestellt zu haben, was Antennen in Wohnquartieren nicht mehr möglich macht. Zbornik ist der Meinung, dass man die Mobilfunkanbieter mit einer griffigen kommunalen Gesetzgebung in die Schranken weisen und statt den bislang üblichen «Dynosaurier-Masten» nur noch bewilligungsfreie, flexible und dynamische Kleinstfunkzellen und Femto-Zellen zulassen könnte. «Diese können Kunden von Sunrise seit letztem Jahr übrigens kostenlos anfordern, falls sie in der Wohnung oder im Büro ungenügenden Empfang haben sollten. Wann wird es das bei Salt und Swisscom auch geben?», frägt Zbornik.

Gesundheitliche Schädigung?

Auf Anfrage beim zuständigen Stadtrat Ernst Zülle zu dem erwähnten Antennen-Reglement meint dieser: «Am 17. November 2011 wies der Gemeinderat eine vom Stadtrat erarbeitete Reglementierung zur Standortsteuerung von Mobilfunkantennen zurück. Es war vorgesehen, das gesamte Stadtgebiet mit drei Eignungszonen zu überlagern. Da gesundheitlich motivierte Argumentationen durch die Gerichte nach wie vor ausgeschlossen werden, musste mit ortsplanerischen Kriterien gearbeitet werden. In diesem Sinne wurden Bahnareale sowie Industrie- und Gewerbezonen als «geeignete» Gebiete bezeichnet. Als «nicht geeignet» wurden Gebiete genannt, die aus Gründen des Orts-, Quartier- und Landschaftsschutzes als problematisch beurteilt wurden. Im zwischen diesen beiden Arten von überlagernden Zonen liegenden und als «bedingt geeignet» bezeichneten Gebiet, wurde eine Standortbevorzugung eingeführt (z.B. höhere Häuser und Hochhäuser, grossflächige Strukturen wie Einkaufszentren). Leider konnte der Gemeinderat dieser ortsbaulich motivierten Reglementierung nicht folgen und liess sich von seinen gesundheitspolitischen Wünschen dominieren, was schliesslich zur Rückweisung des Geschäfts an den Stadtrat führte.» Zülle erwähnt, dass neue Entscheide von Bundes- und Thurgauer Verwaltungsgericht mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in der Stadtverwaltung aufmerksam weiter verfolgt würden. Da der rechtliche Spielraum jedoch keine wesentlichen Veränderungen erfahren hat, erweist sich eine neue Erarbeitung reglementarischer Regelungen als sinnlos.

Wer sich an der Sammeleinsprache des Vereins Strahlungsfrei.ch und der Anwohner beteiligen möchte, hat noch bis 10. Juli 2015 die Möglichkeit dazu auf www.strahlungsfrei.ch.

Quelle: Kreuzlinger Nachrichten 01.07.2015

Mein Kommentar (Claudio Graf):

Seit 4 Jahren liegt der Auftrag beim Stadtrat zu Überarbeitung des Antennen-Reglements an. Begründet wird damit,  dass »gesundheitlich motivierte Argumentationen durch die Gerichte nach wie vor ausgeschlossen werden«. Ich sage dazu nur »Wirtschaft macht Politik« und der Polit-Filz lässt es mit sich machen.

Wo hunderte oder sogar tausende Berichte über die gesundheitlich schädlichen Auswirkungen herangezogen werden könnten, steckt der Stadtrat, welcher sich gerade selbst noch einen besseren Zahltag zugesprochen hat, den Kopf in den Sand, ...oder ist bereits im Elektrosmog erstarrt.

Für mich können dazu zwei Gründe führen:

  1. Entweder dieser (der Stadtrat) ist schlichtweg nicht in der Lage, Warnungen von vielen Seiten wahrnehmen zu können, noch weniger, die Medaille einfach mal umzudrehen und gemäss seiner Verpflichtung »für das Wohl der Bevölkerung« die andere Seite ebenso konsequent und verantwortungsbewusst anzuschauen oder...
  2. ...die Mitglieder des Stadtrates werden von Wirtschafts-Interessen geleitet (ich sage dem einfach beeinflusst und manipuliert, wie auch immer), so dass die Mitglieder des Stadtrates die Schlafmütze bis weit unter die Augen herunterziehen müssen, damit sie nichts sehen müssen/wollen/können/dürfen.


Hingegen sind die Stadträte für das Erfinden von plausiblen Ausreden Anwärter von Auszeichnungen.  ...aber mehr Zahltag für liegengebliebene Geschäfte, ... diese Bewertung überlasse ich den Lesern.