Gebüren - und alle zahlen ...

Ein Machtkampf zwischen Handel und Kreditkartenfirmen

Namhafte Onlineanbieter wehren sich gegen die neue Gebührenpraxis.

Wer heute online mit Kreditkarte bezahlt, dem wird eine Gebühr verrechnet – diese Praxis ist eigentlich nicht mehr zulässig. Foto: Keystone
Wer heute online mit Kreditkarte bezahlt, dem wird eine Gebühr verrechnet – diese Praxis ist eigentlich nicht mehr zulässig. Foto: Keystone

Wer heute beim Online-Elektronikhändler Microspot.ch einen Flachbild-TV bestellt und den Betrag mit der Kreditkarte begleichen will, zahlt eine Gebühr von 2,5 Prozent. Bei einem Fernsehgerät für 1600 Franken entspricht das 40 Franken, die zusätzlich verrechnet werden. Keinen Aufschlag bezahlen bei diesem Onlineshop – er gehört zu Coop – jene Kunden, die im Voraus bezahlen.


Seit dem 1. August wäre diese Gebührenpraxis eigentlich nicht mehr zulässig. Zumindest aus Sicht von Mastercard und Visa. (V 75.27 -0.66%) Dass die Kreditkarte gegenüber anderen Zahlungsarten schlechtergestellt wird, ist in den Geschäftsbedingungen der beiden grossen Kreditkartenfirmen ausgeschlossen, mit einer sogenannten Non Discrimination Rule (NDR).


Die Wettbewerbskommission hatte diese Vertragsklausel der Kreditkartenkonzerne zeitweilig aufgehoben. Die Massnahme war Teil einer einvernehmlichen Regelung der Weko von Ende 2005 mit der Cornèr Bank, der Credit Suisse und der UBS sowie der damaligen Telekurs Multipay (heute Six Payment Services) und Viseca. Die Vereinbarung hatte zum Ziel, den Wettbewerb unter den Zahlungsmitteln zu beleben, damit Druck auf die Gebühren entsteht.

Seit letztem Wochenende dürfen Mastercard und Visa ihre Klauseln gegen die Schlechterstellung der Kreditkarten wieder anwenden. Im Gegenzug wurde mit der Weko vereinbart, dass die Transaktionsgebühr sinkt, die sogenannte Interchange Fee.


Coop lässt die Rechtslage abklären

Doch im Schweizer Handel gibt es Widerstand. Coop ist dabei, die Sachlage juristisch abzuklären, und belässt vorläufig die Aufschläge, sofern sie angewendet werden. Auch Swiss und der Onlinehändler Digitec ignorieren die Bedingungen, wie die «Schweiz am Sonntag» berichtete. Es ist das jüngste Kapital im Machtkampf zwischen den grossen Kreditkartenfirmen und dem Schweizer Handel. «Mastercard und Visa wollen, dass wir die höheren Kosten für Kreditkartenzahlungen auf die anderen Zahlungsformen überwälzen. Dagegen wehren wir uns», nimmt ein Digitec-Sprecher Stellung.

Die beiden Kreditkartenkonzerne drohen mit Sanktionen bis hin zu Bussen, sollten die Händler ihr Verhalten nicht ändern. Allerdings würden sich diese Massnahmen nicht gegen die Händler direkt wenden, sondern gegen die sogenannten Acquirer. Sie sind für Infrastruktur und Abwicklung der Transaktionen zuständig und unterhalten die Verträge mit den Händlern.

Die Konsumenten dürfen gespannt sein, wie das Kräftemessen ausgeht. Die Machtverhältnisse verschieben sich derzeit durch neue Zahlungsmittel grundsätzlich.


(Tages-Anzeiger)  (Erstellt: 04.08.2015, 22:36 Uhr)