Widerstand gegen und Zweifel an der Organtransplantation

Zweifel am Hirntod

Ärzte fordern Organspende-Verbot

Laut einer Volksinitiative soll jeder zum Organspender werden, der sich nicht aktiv wehrt. Inmitten der Debatte wird nun eine ganz andere Forderung laut.

Die Liste ist lang: In der Schweiz warten laut Swisstransplant rund 1400 Menschen auf ein Spenderorgan. Im letzten Jahr starben 68, weil sie nicht rechtzeitig eines bekommen haben. Es war keine Ausnahme: Jedes Jahr trifft es Dutzende.

Mit einer Volksinitiative, die im März eingereicht wurde, sollen nun die Spenderzahlen erhöht werden: Bei der sogenannten Widerspruchslösung würde im Todesfall jeder zum Spender, sofern er sich nicht explizit dagegen ausspricht.

Nun will eine Gruppe von Medizinern das genaue Gegenteil: In einer Petition fordert der Verein Ärzte und Pflegefachpersonen gegen Organspende am Lebensende (ÄPOL) ein Moratorium von Organspenden nach dem Hirntod. Bislang hat sie rund 150 Unterschriften - bei 1000 soll die Petition dem Gesundheitsminister Alain Berset geschickt werden.

In der Schweiz können die Organe einem Spender fünf Minuten nach dem Herzstillstand entnommen werden. «Diese Zeitspanne ist viel zu kurz», sagt Alex Frei vom Verein ÄPOL. Es sei nicht erwiesen, dass die Gehirnfunktionen bereits unwiderruflich beschädigt seien.

Hirnfunktion wiederhergestellt

Der pensionierte Hausarzt beruft sich unter anderem auf eine US-Studie,die im April in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht wurde: Forschenden der Yale-Universität konnten bei Schweinen vier Stunden nach dem Tod gewisse Hirnfunktionen wiederherstellen. Globale Hirnströme in Form von EEG-Signalen wurden aber keine gemessen, die Hirne zeigten also keine Anzeichen von Wahrnehmung oder Bewusstsein.

Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, sagt dazu: «Die Studie hat nur etwas dokumentiert, das hinlänglich bekannt ist.» Nämlich, dass bestimmte Zellen nach längerem Unterbruch des Blutzuflusses wieder funktionstüchtig werden können. «Aber die Nervenzellen im Gehirn sind nach kurzer Zeit so weit beschädigt, dass sie nicht mehr zurückkommen», sagt Immer. «Auch wenn bei hirntoten Patienten die Zehennägel weiterwachsen: Es ist der Ausfall des Gehirns, das das Ableben des Patienten markiert».

Frei zweifelt diese Todesdefinition an. «Es können nur lebende Organe von lebenden Körpern verpflanzt werden», sagt er. Ein Organspender könne also bei der Entnahme nicht tot sein. Man könne nicht endgültig beweisen, dass man dem Spender damit nicht schade.

 

Franz Immer von Swisstransplant widerspricht: «Der Ausfall der Hirnfunktion als Kriterium für den Tod eines Patienten ist international unumstritten und wissenschaftlich breit abgestützt.» Die Endgültigkeit des Hirntods hat sich in jahrzehntelanger medizinischer Praxis bestätigt. Es ist kein Fall bekannt, bei dem jemand nach dem Hirntod seine essenziellen Hirnfunktionen wiedererlangt hat.

Quelle: Blick 17.02.2020

 

Einsicht in die Krankenakte - Interview mit Jobst Meyer, Facharzt für Chirurgie: https://www.youtube.com/watch?v=krqX8... Aufschlußreiches Interview mit Gisela Meier zu Biesen, Krankenschwester: https://www.youtube.com/watch?v=00ieY... Welches Trauma eine Organentnahme für die Angehörigen des Spenders bedeuten kann, zeigt der Fall des 15-jährigen Lorenz Meyer. Die Eltern wurden bereits eine Nacht nach der Einlieferung ihres Sohnes in eine Schweizer Klinik mit der Frage nach Organentnahme konfrontiert. In ihrer Verzweiflung stimmten sie trotz aller Vorbehalte der Entnahme der Nieren zu. Ein Schritt, den sie im Nachhinein bitter bereuen sollten. Erst bestand nur der Verdacht, dass mehr Organe entnommen wurden, als zugesagt. Doch dann stellte sich heraus, dass es gravierende Zweifel an der Richtigkeit der Hirntoddiagnostik gibt. www.initiative-kao.de www.silvia-matthies.de